Starzach2025

Erstellungsdatum 2023-01-06 18:45:33

vom 05.01.2023
Az.: 32/9122.21

Auf Grund von Art. 70 Abs. 1 Buchstabe b und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 55 Abs. 1 Buchstabe d der Verordnung (EU) 2016/429, § 6 Abs. 2, §7 Abs. 5, § 13 Abs. 1 und 2 so- wie § 65 der Geflügelpest-Verordnung, i.V.m. § 38 Abs. 11 und § 6 Abs. 1 des Tiergesundheitsgesetzes, § 4 der Viehverkehrsverordnung und § 2 Abs. 2 des Tiergesundheitsausführungsgesetzes erlässt das Landratsamt Tübingen folgende

Allgemeinverfügung:

1. Alle Geflügelhalter auf dem Gebiet des Landkreises Tübingen haben mit sofortiger Wirkung das Geflügel (zum Geflügel zählen Hühner, Truthühner, Perlhühner, Rebhühner, Fasane, Wachteln, Enten, Gänse, Strauße, Emus und Nandus) aufzustallen. Dies gilt sowohl für gewerbliche wie für private Haltungen.

LK Vogelgrippe

Geflügel darf danach nur
a. in geschlossenen Ställen,
b. unter einer Vorrichtung, die aus einer überstehenden, nach oben gegen Einträge gesicherten dichten Abdeckung und einer gegen das Eindringen von Wildvögeln gesicherten Seitenbegrenzung bestehen muss, gehalten werden. Die Pflicht zur Aufstallung besteht nicht für Haltungen, welche nach Satz 1 Buchstabe b als Abdeckung Netze oder Gitter mit einer Maschenweite von maximal 25 mm aufweisen, oder für sonstige Haltungen, soweit die zuständige Behörde im Einzelfall eine Ausnahme gemäß § 13 Absatz 3 der Geflügelpest-Verordnung erteilt. Für Haltungen, welche unter die allgemeine Ausnahme nach Satz 2 fallen, werden als Untersuchungseinrichtungen für die verpflichtenden virologischen Untersuchungen von Enten, Gänsen und Laufvögeln nach § 13 Absatz 4 Satz 2 und Absatz 5 der Geflügelpest-Verordnung die Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter in Baden-Württemberg / das Staatliche Tierärztliche Untersuchungsamt Aulendorf - Diagnostikzentrum bestimmt.

2. Für Geflügelhaltungen bis einschließlich 1.000 Stück Geflügel hat der Tierhalter folgende Biosicherheitsmaßnahmen einzuhalten:

a) Das Tränken mit Dach- und Oberflächenwasser ist verboten. Futter und Einstreu sind für Wildvögel unzugänglich zu lagern.
b) Die Geflügelhaltungen sind gegen unbefugten Zutritt zu sichern.
c) Beim Betreten der Geflügelhaltungen ist betriebseigene Schutzkleidung (einschließlich Stiefel) oder Einwegschutzkleidung anzulegen. Betriebseigene Schutzkleidung ist mindestens 1 Mal pro Woche zu waschen. Einwegschutzkleidung ist nach Gebrauch unverzüglich unschädlich zu beseitigen. Es sind geeignete Einrichtungen zur Reinigung und Desinfektion des Schuhzeugs bereitzustellen.
d) Es ist eine Möglichkeit zum Waschen der Hände vorzusehen.
e) Nach jeder Einstallung oder Ausstallung von Geflügel sind die dazu eingesetzten Gerätschaften zu reinigen und zu desinfizieren.
f) Vom Tierhalter für den eigenen Bestand eingesetzte Transportfahrzeuge und – behältnisse für Geflügel sind nach jeder Verwendung zu reinigen und zu desinfizieren.
g) Fahrzeuge, Maschinen und sonstige Gerätschaften, die in der Geflügelhaltung eingesetzt und in mehreren Ställen oder von mehreren Betrieben gemeinsam benutzt werden, sind jeweils vor der Benutzung in einem anderen Stall oder im abgebenden Betrieb vor der Abgabe zu reinigen und zu desinfizieren.
h) Der Raum, der Behälter oder die sonstigen Einrichtungen zur Aufbewahrung von verendetem Geflügel ist nach jeder Abholung, mindestens jedoch einmal im Monat, zu reinigen und zu desinfizieren.
i) Im Bedarfsfall ist eine ordnungsgemäße Schadnagerbekämpfung durchzuführen.

Die Regelungen nach Nr. 2 a) – i) gelten für Geflügelhaltungen über 1.000 Stück Geflügel bereits aufgrund § 6 Absatz 1 der Geflügelpest-Verordnung. 

3. Geflügelausstellungen, Geflügelmärkte und Veranstaltungen ähnlicher Art im Landkreis Tübingen sind in geschlossenen Räumen durchzuführen.

4. Die in den Nr. 1 bis 3 getroffenen Regelungen zur Beschränkung des Personenverkehrs und zur Reinigung, Desinfektion und Entwesung sind gemäß § 37 Satz 1 Nr. 7 und 8 Tiergesundheitsgesetz sofort zu vollziehen; für die übrigen getroffenen Regelungen wird gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung die sofortige Vollziehung angeordnet.

5. Diese Allgemeinverfügung gilt am Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekannt gegeben. Sie ist befristet bis zum Ablauf des 31. März 2023, solange keine öffentliche Bekanntgabe einer Fristverlängerung erfolgt.

Hinweise:

1. Auf die Vorgaben gemäß § 3 und § 4 Absatz 1 Nummer 1 der Geflügelpestverordnung hinsichtlich der allgemein geltenden Vorgaben zur Fütterung und Tränkung sowie zur Früherkennung bei gehäuften Verlusten wird hingewiesen. Auf die Pflichten des Unternehmers (Tierhalters) nach Artikel 10 der der Verordnung (EU) 2016/429, insbesondere zur Minimierung des Risikos hinsichtlich der Ausbreitung von Tierseuchen und zur Verpflichtung ggf. geeignete Maßnahmen zum Schutz von biologischen Gefahren gegen wildlebende Tiere zu ergreifen, wird hingewiesen.

2. Alle Geflügelhalter, die ihrer Pflicht zur Meldung des gehaltenen Geflügels bisher noch nicht nachgekommen sind, haben die Haltung von Geflügel unverzüglich beim Landratsamt Tübingen -Abteilung Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung- anzuzeigen. Dies gilt ebenso für die Abmeldung aufgegebener Geflügelhaltungen.

3. Geflügelhalter haben, unabhängig von der Größe des Betriebs, die Zu- und Abgänge von Geflügel sowie die Legeleistung und die Anzahl der verendeten Tiere zu dokumentieren. Grundlage hierfür sind Artikel 102 der Verordnung (EU) 2016/429 sowie Artikel 22 (Zu- und Abgänge) und Artikel 25 (Produktionsleistung/ Morbiditätsrate) der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2035 zu führen. Auf die Vorgaben gemäß § 2 Absatz 2 der Geflügelpestverordnung wird hingewiesen.
Wer Geflügel hält, hat ein Register nach Satz 2 zu führen. In das Register sind unverzüglich einzutragen:

1. im Falle des Zugangs von Geflügel Name und Anschrift des Transportunternehmens und des bisherigen Tierhalters, Datum des Zugangs sowie Art des Geflügels,
2. im Falle des Abgangs von Geflügel Name und Anschrift des Transportunternehmens und des künftigen Tierhalters, Datum des Abgangs sowie Art des Geflügels,
3. für den Fall, dass mehr als 100 Stück Geflügel gehalten werden, je Werktag die Anzahl der verendeten Tiere,
4. für den Fall, dass mehr als 1 000 Stück Geflügel gehalten werden, je Werktag zusätzlich die Gesamtzahl der gelegten Eier jedes Bestandes,
5. im Falle der Abgabe von Geflügel auf einer Geflügelausstellung oder einer Veranstaltung ähnlicher Art zusätzlich
a) die Anzahl und
b) die Kennzeichnung
des Geflügels.

4. Auf die Vorgaben der Geflügelpestverordnung hinsichtlich Früherkennung bei gehäuften Verlusten wird hingewiesen. So hat der Tierhalter in folgenden Fällen unverzüglich durch tierärztliche Untersuchungen das Vorliegen von Hochpathogener aviärer Influenza (Geflügelpest) oder Niedrigpathogener aviärer Influenza ausschließen zu lassen:
- Bestandsgröße bis 100 Tiere: Verluste von mind. 3 Tieren innerhalb eines Tages
- Bestandsgröße über 100 Tiere: Verluste von über 2% der Tiere innerhalb eines Tages,
- bei Abnahme der Legeleistung oder durchschnittlichen Gewichtszunahme von über 5%,
- bei reinen Enten- oder Gänsebeständen bei Verlusten von mehr als der dreifachen üblichen Sterblichkeit oder bei Abnahme der üblichen Gewichtszunahme oder Legeleistung von über 5% über einen Zeitraum von mehr als 4 Tagen.
Die labordiagnostischen Abklärungsuntersuchungen zur Früherkennung sind an den Landesuntersuchungseinrichtungen durchzuführen, sie erfolgen dort kostenfrei.

5. Der Besitzer hat Falltiere (verendete Tiere) u.a. so aufzubewahren, dass Menschen nicht unbefugt und Tiere nicht mit diesen in Berührung kommen können (§ 10 Absatz 1 Tierische Nebenproduktebeseitigungsgesetz (TierNebG). Die Tierkörper oder Tierkörperteile unterliegen der Verpflichtung zur unschädlichen Beseitigung (§ 3 TierNebG).

6. Für den Transport verwendete Behältnisse und Gerätschaften sind nach jedem Transport, spätestens jedoch nach Ablauf von 29 Stunden seit Beginn des Transportes zu Reinigen und zu desinfizieren (§ 17 Absatz 1 Viehverkehrsverordnung).

7. Der Wegfall der aufschiebenden Wirkung wird angeordnet nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung, soweit nicht nach § 37 Satz 1 TierGesG der Wegfall der aufschiebenden Wirkung bereits per Gesetz angeordnet ist. Widerspruch und Anfechtungsklage haben daher keine aufschiebende Wirkung.

8. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 der Geflügelpest-Verordnung kann die zuständige Behörde (Landratsamt Tübingen – Abteilung Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung –) für bestimmte Haltungen oder Örtlichkeiten Ausnahmen vorsehen, soweit Belange der Tierseuchenbekämpfung nicht entgegenstehen und sichergestellt ist, dass der Kontakt zu Wildvögeln auf andere Weise weitestgehend vermieden wird; dabei dürfen Netze oder Gitter zur Vermeidung des Kontaktes zu Wildvögeln nur genutzt werden, wenn sie als Abdeckung nach oben eine Maschenweite von nicht mehr als 25 mm aufweisen. Bei Erteilung einer solchen Ausnahme sind zusätzlich die Vorgaben des § 13 Abs. 4 der Geflügelpest-Verordnung zu beachten: Demnach sind Enten, Gänse und Laufvögel räumlich getrennt von sonstigem Geflügel zu halten und vierteljährlich virologisch auf hochpathogenes aviäres Influenzavirus zu untersuchen. Alternativ kann der Tierhalter Enten, Gänse und Laufvögel zusammen mit Hühnern oder Puten halten, soweit die Hühner oder Puten dazu dienen, die Einschleppung oder Verschleppung der Geflügelpest in den Bestand frühzeitig zu erkennen. In diesem Fall muss der Tierhalter die in Anlage 2 Spalte 2 der Geflügelpest-Verordnung vorgesehene Anzahl von Hühnern oder Puten halten und weitergehende Auflagen erfüllen; insbesondere hat er jedes verendete Stück Geflügel in einer Landesuntersuchungseinrichtung unverzüglich virologisch auf hochpathogenes aviäres Influenzavirus untersuchen zu lassen.

9. Die labordiagnostischen Abklärungsuntersuchungen zur Früherkennung im Sinne des § 4 der Geflügelpest-Verordnung an den Landesuntersuchungseinrichtungen sind kostenfrei.

10. Ordnungswidrig im Sinne des § 64 Nr. 14b der Geflügelpest-Verordnung und des § 32 Abs. 2 Nr. 3 des Tiergesundheitsgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig dieser Allgemeinverfügung zuwiderhandelt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geld- buße bis zu 30.000 Euro geahndet werden.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist beim Landratsamt Tübingen mit Sitz in Tübingen einzulegen.

Die Allgemeinverfügung und ihre Begründung können während der Dienstzeiten im Landratsamt Tübingen, Zimmer B0 55 eingesehen werden. Die Allgemeinverfügung ist weiterhin auf der Internetseite des Landratsamtes Tübingen unter www.kreis-tuebingen.de/Bekanntmachungen abrufbar.

Tübingen, 05.01.2023

Gez. Joachim Walter, Landrat