Erstellungsdatum 2020-10-15 12:23:45

Allgemeinverfügung zur Eindämmung des Corona-Virus in der Gemeinde Starzach

Aufgrund von §28 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten - Infektionsschutzgesetz (IfSG), §20 Absatz 1 der Verordnung der Landesregierung über Infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-Cov-2 (Corona-Verordnung - CoronaVO) in der jeweils gültigen Fassung, §1 Absätze 6 Verordnung des Sozialministeriums über Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSGZustV) vom 19. Juli 2007 in der jeweils gültigen Fassung, § 35 Satz 2 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG) erlässt die Gemeinde Starzach für das gesamte Gemeindegebiet folgende

Allgemeinverfügung über die Beschränkung der Teilnehmerzahl bei privaten Veranstaltungen, Feiern und sonstigen privaten Zusammenkünften:

I. Hinweis

Die Bestimmungen der CoronaVO und der ergänzenden besonderen Verordnungen nach § 16 CoronaVO bleiben unberührt, soweit nicht nachfolgend eine andere Regelung getroffen ist.

II. Besondere Maßnahmen

1. Beschränkung der Teilnehmerzahl bei privaten Veranstaltungen, Feiern und sonstigen privaten Zusammenkünften:

1.1 In Verschärfung von §§9 und 10 Absatz 3 und § 12 Abs. 2 CoronaVO sind private Veranstaltungen, Feiern und sonstige private Zusammenkünfte in öffentlichen oder angemieteten Räumen nur mit maximal 50 teilnehmenden Personen zulässig, in privaten Räumen sind maximal 25 teilnehmende Personen zulässig.

1.2 Die Beschränkung der zulässigen Anzahl teilnehmender Personen gilt nicht, wenn die teilnehmenden Personen ausschließlich

  1. in gerader Linie verwandt sind,
  2. Geschwister und deren Nachkommen sind oder
  3. dem eigenen Haushalt angehören, einschließlich deren Ehegatten, Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner oder Partnerinnen oder Partner.
2. Pflicht zur Datenerfassung

Für die Feiern, Veranstaltungen und sonstigen privaten Zusammenkünfte nach Nr. 1 dieser Verordnung hat der Gastgeber/die Gastgeberin unabhängig von der Teilnehmerzahl eine Datenerfassung gemäß § 6 CoronaVO sicherzustellen, soweit die Daten nicht bereits bekannt sind. Kann ein Gastgeber/eine Gastgeberin nicht ermittelt werden, ist verantwortlich für die Datenerfassung diejenige Person, die den tatsächlichen Zugang zu den Räumlichkeiten für die Anwesenden eröffnet bzw. eröffnet hat.

3. Ausnahmen

3.1 Eine höhere Anzahl teilnehmender Personen ist zulässig, wenn ein schriftlich abgefasster Hygieneplan bzw. ein Hygienekonzept gemäß §§ 4 und 5 CoronaVO vorliegt.

3.2 Soweit für Räumlichkeiten ein vorhandenes Hygienekonzept nach Nr. 3.1 bereits vor in Kraft treten dieser Allgemeinverfügung mit der Ortspolizeibehörde abgestimmt wurde, gilt dieses Konzept als ausreichend.

3.3 Für Räumlichkeiten, für die ein abgenommenes Hygienekonzept nicht vorliegt, kann das vom Gesundheitsamt Tübingen erstellte Muster-Hygienekonzept verwendet werden. Das Muster-Hygienekonzept ist sowohl als Anlage beigefügt als auch auf den Internetseiten der Gemeinde Starzach und des Landkreises Tübingen abrufbar.

4. Sofortige Vollziehbarkeit

Diese Allgemeinverfügung ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Widerspruch und Klage haben keine aufschiebende Wirkung.

5. Androhung unmittelbaren Zwangs

Für den Fall, dass eine private Veranstaltung, Feier oder sonstige private Zusammenkunft unter Verstoß gegen die Nr. 1 und 3 dieser Allgemeinverfügung stattfindet, wird die Anwendung unmittelbaren Zwangs angedroht.

6. Geltungsdauer

Diese Allgemeinverfügung gilt so lange, bis die 7-Tages-Inzidenz von 35/100.000 Einwohner im Landkreis Tübingen für mindestens sieben aufeinanderfolgende Tage unterschritten wird. Sie kann im Übrigen jederzeit geändert oder aufgehoben werden.

III. Begründung:

Innerhalb der letzten 7 Tage wurden auf dem Gebiet des Landkreises Tübingen mehr als 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner mit dem Erreger SARS-CoV-2 (Corona-Virus) festgestellt. Diese Feststellung hat das Gesundheitsamt am 12.10.2020 getroffen. Damit ist die kritische Grenze für die Annahme eines erhöht risikobehafteten lokalen Ausbruchsgeschehens überschritten und die Ortspolizeibehörden gemäß § 1 Abs. 6 CoronaZustV zum Erlass geeigneter Maßnahmen nach §§ 16 und 28 Absatz 1 Satz 2 IfSG ermächtigt. Per Erlass vom 05.10.2020 hat das Ministerium für Soziales und Integration die Gesundheitsämter aufgefordert die Anzahl der teilnehmenden Personen für private Veranstaltungen, Feiern und sonstige private Zusammenkünfte bei mehr als 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner abweichend von §§ 9 und 10 CoronaVO zu beschränken.

1. Gemeinde Starzach ist gemäß § 1 Abs. 6 IfSGZustV zuständig für den Erlass der Allgemeinverfügung.

2. Die Maßnahmen sind zur Bekämpfung des Wiederaufflammens des Infektionsgeschehens notwendig im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG.

2.1. Die Maßnahmen sind geeignet, das Infektionsrisiko maßgeblich zu reduzieren und somit das Infektionsgeschehen wirksam einzudämmen.

a. Der unmittelbare persönliche Kontakt über einen Zeitraum von länger als 15 Minuten gilt als einer der wichtigsten Risikofaktoren, ebenso der längere gemeinsame Aufenthalt in geschlossenen Räumen. Private Veranstaltungen, Feiern und sonstige private Zusammenkünfte haben sich in jüngster Vergangenheit häufig als maßgeblicher Verbreitungsherd erwiesen. Mit der Reduzierung der erlaubten Personenzahl wird dieses Risiko gegenüber der nach der CoronaVO erlaubten Anzahl maßgeblich reduziert und zwar sowohl im Hinblick darauf, dass eine infizierte Person anwesend ist, als auch im Hinblick auf die weitere Verbreitung unter den Anwesenden, falls eine infizierte Person anwesend ist.
Die geringe Personenzahl erleichtert darüber hinaus den Vollzug dieser Allgemeinverfügung erheblich, da die Überschreitung leicht feststellbar ist.

b. Die Pflicht zur Datenerhebung unabhängig von der Anzahl der Teilnehmenden erleichtert im Infektionsfall die Nachverfolgung durch das Gesundheitsamt. In den meisten Fällen dürfte die Gästeliste ohnehin bekannt sein, bei Anlässen ohne persönliche Einladung, wie zum Beispiel Polterabend, Einzugsfeier, Beerdigung etc. kann das Bekannt sein der Kontaktdaten aber nicht immer vorausgesetzt werden.

2.2. Die Maßnahmen sind erforderlich. Mildere Mittel, insbesondere die Beschränkung auf Apelle und verstärkte Kontrollen der Beschränkungen nach der CoronaVO haben sich nicht als ausreichend erwiesen, um den Wiederanstieg der Infektionszahlen zu verhindern. Wegen der drohenden Überlastung des Gesundheitssystems, wie Kliniken, Testzentren, Arztpraxen und Gesundheitsbehörden sind sowohl die Teilnahmebeschränkung sowie auch die Beschleunigung der Kontaktnachverfolgung dringend geboten.

2.3. Die Maßnahmen sind auch verhältnismäßig und zumutbar. In Anbetracht des hohen Risikos, das gerade von privaten Feiern mit einer Vielzahl von Teilnehmenden und oftmals ohne wirksame Hygienemaßnahmen ausgeht, ist die Reduzierung der zulässigen Anzahl der teilnehmenden Personen vertretbar.

Für private Veranstaltungen, Feiern und sonstige private Zusammenkünfte ist im Gegensatz zu öffentlichen oder/und gewerblich organisierten Veranstaltungen eine bestehende Vertrautheit und Nähe der Teilnehmenden typisch. Private Veranstaltungen sind üblicherweise in besonderem Maße durch zwischenmenschliche Interaktion und Kommunikation mit wechselnden Gesprächspartnern sowie physischen Kontakt geprägt. Gleichzeitig ist Anwesenheitsdauer der Teilnehmenden typischerweise hoch, oft mehrere Stunden. Dies alles begründet eine besondere Infektionsgefahr bei privaten Veranstaltungen, Feiern und sonstigen privaten Zusammenkünften.

Die Differenzierung zwischen privaten Räumen einerseits und öffentlichen bzw. angemieteten Räumen andererseits orientiert sich an der typischerweise dabei zur Verfügung stehenden Flächen einschließlich zusätzlicher Nutzräume, wie Küchen und Toiletten. Die Ausnahmeregelungen nach Nr. 3 bieten hinreichend Spielraum, um insbesondere in sehr großen Räumlichkeiten, bei denen Abstandsregeln tatsächlich wirksam eingehalten werden können, Räumlichkeiten, in denen durch andere Maßnahmen eine Verbreitung wirksam verhindert wird, oder Feiern im engen Familienkreis zuzulassen und gleichzeitig ausreichend zu überwachen.

Die Beschränkung auf 50 bzw. 25 Personen stellt zwar eine erhebliche Einschränkung persönlicher, wirtschaftlicher und sozialer Freiheit dar, verhindert aber wirksam besonders risikobehaftete Massentreffen (sog. „Superspreader-Ereignisse“). Gleichzeitig bleibt die Möglichkeit erhalten, traditionelle Familienfeste bei kleinerem Teilnehmerkreis durchführen zu können.

Die Zuweisung der Verantwortlichkeit für die Datenerhebung an die den Zugang zu den Räumen ermöglichende Person (Schlüsselinhaber) dient der Klarstellung und der Vermeidung von wechselseitigen Zuschreibungen der Verantwortlichkeit, wenn keine Einladung im förmlichen Sinn erfolgt, z. B. bei Stammtischtreffen, Hauspartys in Wohnheimen, sonstigen Gemeinschaftsräumen oder ähnlichem.

Die Möglichkeit der Fortführung vorhandener, mit der Ortspolizeibehörde bereits abgestimmter Hygienekonzepte, sowie die Zurverfügungstellung eines Muster-Hygienekonzepts reduziert den bürokratischen Aufwand und ermöglicht allen Gastgebern und Gastgeberinnen eine einfache und sichere Handhabung der Ausnahmeregelungen.

3. Bekanntgabe und Inkrafttreten richten sich nach § 41 Absatz 3 Satz 2 in Verbindung mit § 35 Satz 2 LVwVfG und nach § 41 Absatz 4 Satz 4 LVwVfG. Die Bekanntgabe erfolgt durch öffentliche Bekanntmachung. Die Frist zwischen öffentlicher Bekanntmachung und Inkrafttreten der Allgemeinverfügung kann auf einen Tag verkürzt werden. Wegen der akuten Gefahrenlage ist die Verkürzung notwendig. Ortsübliche Bekanntmachungen erfolgen durch Einrücken ins Amtsblatt soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

4. Die sofortige Vollziehbarkeit beruht auf § 28 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 16 Abs. 8 IfSG. Es kann gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs zum Verwaltungsgericht Sigmaringen gestellt werden.

5. Aufgrund der sofortigen Vollziehbarkeit kann die Ortspolizeibehörde die Einhaltung der Anordnungen gemäß § 49 Absatz 1 Polizeigesetz (PolG) nach den Vorschriften des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes (LVwVG) durchsetzen. Sie kann unmittelbaren Zwang ausüben, wenn andere Zwangsmittel nicht oder nicht rechtzeitig zum Erfolg führen würden (§§ 49 Absatz 2 und 52 PolG). Wenn die Ortspolizeibehörde von einer unter Verstoß gegen diese Allgemeinverfügung Feier erfährt, kann regelmäßig nicht mehr anders reagiert werden, als die Feier aufzulösen bzw. überzählige Gäste aus den Räumen zu verweisen.

6. Gemäß des Erlasses des Sozialministeriums vom 05.10.2020 gilt die Allgemeinverfügung so lange, bis die 7-Tages-Inzidenz von 35/100.000 Einwohner im Landkreis Tübingen mindestens sieben Tage lang unterschritten wird.

IV. Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch bei der Ortspolizeibehörde Starzach erhoben werden. Die Frist wird auch gewahrt, wenn der Widerspruch beim Landratsamt Tübingen, Wilhelm-Keil-Straße 50, 72072 Tübingen erhoben wird.

V. Inkrafttreten

Diese Allgemeinverfügung tritt am 17. Oktober 2020 in Kraft.

Starzach, 15. Oktober 2020

Thomas Noé
Bürgermeister

 

Anlage zur Allgemeinverfügung über die Beschränkung der Teilnehmerzahl bei privaten Veranstaltungen, Feiern und sonstigen privaten Zusammenkünften pdf button